Für Nadelberge mit seltenen Ameisen mitten im Wald können sich noch recht viele Menschen begeistern. Ganz anders im Garten: Die Suchanfrage Ameise + Garten führt unhinterfragt zu Artikeln über das Bekämpfen, Vertreiben und Loswerden. Ja, Ameisen können beißen und sie können Ameisensäure verspritzen. Manche Arten besitzen einen Stachel. Sie entfernen Erde zwischen Pflastersteinen und errichten Erdtürmchen an der Erdbeerpflanze. Sie verfrachten Läuse auf Obstbäume und hüten die Schädlinge an den Gemüsewurzeln. Sie entdecken jede Zuckerdose auf dem Terrassentisch und gelangen mit der Ernte in die Küche. Wozu dann bitte Ameisen fördern? 

Die Rote Liste für Ameisen ist alarmierend. Laut dem Rote-Liste-Zentrum gilt nur ein Viertel der 108 für Deutschland bewerteten Ameisenarten als ungefährdet. Schuld ist die Bindung vieler Arten an hochwertige Biotope, die durch menschlichen Einfluss unter Druck geraten.

Durch ihre unglaubliche Anzahl von ca. 10 Billionen auf diesem Planeten gestalten Ameisen die terrestrischen Ökosysteme mit. Für die Natur sind sie wesentlich unverzichtbarer als der Mensch. Im Naturgarten sind sie keine Gegner, sondern Verbündete für eine standortgerechte Bepflanzung und für Artenreichtum. Mit ihren Kriegen, Beutezügen, der Sklaverei, den Staatengründungen, mit ihren Bauwerken, den Straßen und der chemischen Kommunikation erzählen Ameisen zudem die spannendsten Geschichten im ganzen Naturgarten.

Faszination Ameise

Wusstest Du schon, dass…?

  • Ameisen den Gartenboden lockern und belüften? Ja, Regenwürmer auch…doch feinkrümelige Erde gibt es im schweren Lehmboden von Guntersblum nur dort, wo die Ameisen am Werk sind.
  • Ameisen sich als Humusbildner betätigen? Indem sie organisches Material sammeln, verwerten, verbauen und auf Abfallhaufen entsorgen, arbeiten sie Nährstoffe in den Boden ein.
  • eine ganze Reihe von Pflanzen sich darauf spezialisiert hat, ihre Samen von den Ameisen zu den nährstoffreichen Abfallhaufen der Kolonie tragen zu lassen?
  • Blütenteppiche im Frühjahr oft das Werk von Ameisen sind?
  • Ameisen „Schädlinge“ regulieren? Beispielsweise locken die Kirschbäume Ameisen gezielt an, um sich von blattfressenden Raupen etc. befreien zu lassen.
  • Ameisen so spannenden Arten wie Zauneidechsen und Grünspechten als wichtige Nahrung dienen?
  • eine ganze Schar von Ameisenarten darauf angewiesen ist, die Arbeiterinnen anderer Arten zu versklaven?
  • Ameisen über chemische Botenstoffe miteinander über Themen wie Wege, Nahrung, Gefahr, Großereignisse, die Fruchtbarkeit der Königin usw. kommunizieren?
  • die Arbeiterinnen sich am Nestgeruch erkennen? Was von anderen Tierarten schamlos ausgenutzt wird?
  • die Arbeiterinnen Schwestern sind, die näher miteinander verwandt sind als wir Menschen mit unseren Eltern?
  • der Ameisenstaat streng in Kasten und Aufgaben pro Lebensphase gegliedert ist?
  • die Königin verwöhnt wird und Eier legen darf, aber ansonsten nichts zu melden hat, sondern der Staat Bottom up durch Solidarität und Gruppenbildung regiert wird?
  • Ein ganzes Volk in einer Eichel wohnen kann? Oder viele Arten auf Bäumen leben?
  • dass invasive Arten wie die argentinische Ameise auch in Deutschland gefährlich für die Biodiversität werden können?

Artenvielfalt durch Ameisen

Die Wechselbeziehungen zwischen Ameisen und anderen Tierarten sind komplex, faszinierend und noch immer voller Geheimnisse. Ameisen bereichern den Naturgarten um Arten, die ohne Ameisen dort nicht existieren könnten. Myrmekophilie (“Ameisenliebe”) beschreibt die Anpassung von Tierarten und Pflanzenarten an das Zusammenleben mit Ameisen. Davon kann ein einfaches Nachahmen (Mimikry) unterschieden werden. Weitere Tierarten profitieren von Ameisen als Nahrung.

  • Es gibt Tierarten, die das Aussehen der Ameisen nachahmen, um Vögel abzuschrecken.
  • Es gibt zahlreiche Tierarten, die den chemischen Coctail des Wirtsnests nachahmen, um von der Fürsorge zu profitieren oder zumindest ungestört im Bau zu leben.
  • Ein ganzer Tross von Tierarten verwertet die Nahrung bzw. die Abfälle der Ameisennester.
  • Ameisen werden von Viren, Pilzen und Parasitoiden befallen.
  • Einige Tierarten – darunter Bläulinge – lassen sich ins Nest schleppen, oder werden wie manche Lausarten dort von den Ameisen über den Winter gebracht.
  • Zahlreiche Tierarten produzieren Honigtau, um im Gegenzug von Ameisen beschützt zu werden.
  • Einige Wirbellose fressen Ameisen im oder um das Nest herum, oft unter dem Deckmantel chemischer Tarnung.

Myrmekophilie gibt es u.a. bei Schmetterlingen (Bläulingen), Schwebfliegen, Käfern, Grillen, Fischchen und Spinnen.

Das ist nur ein kleiner Ausschnitt der spannenden Fakten, die es im Reich der Ameisen zu entdecken gibt.