Gartengestaltung für Blattläuse
Gartengestaltung für Blattläuse? Warum nicht Gärtnern ohne Blattläuse? Das wäre doch schöner und pflegeleichter, mit besseren Erträgen im Nutzgarten?
Nur sehr wenige Menschen scheinen Blattläuse für sich entdeckt zu haben. Einzeln für sich sehen Blattläuse den hübschen Zikaden gar nicht so unähnlich. Es gibt sogar nette Farbvarianten, beispielsweise in Rosa. Doch eine Blattlaus kommt selten allein. Als klebrige Masse rufen sie eher Ekel als Sympathie hervor. Vielleicht muss es nicht gleich Sympathie für Blattläuse sein. Ein Verständnis für ökologische Zusammenhänge und Faszination für Vielfalt helfen auch schon weiter.
Denn Blattläuse stehen ganz unten in der Nahrungskette und “Gärtnern für Blattläuse” bedeutet letztlich nichts anderes, als den lieben Läusen den Tod im Vogelschnabel oder Käfermagen zu wünschen. Darüberhinaus gibt es noch ein zweites wichtiges Argument:
Blattläuse sind absolute Nahrungsspezialisten – oft monophag an nur einer einzelnen Pflanzenart, oder vielleicht noch an einer Gattung oder höchstens einer Familie. Wer für Blattläuse gärtnert, schafft Pflanzenvielfalt und damit die Grundlage für jegliche Form des Naturschutzes und des Artenreichtums im Garten.
Letztlich kann man die gesamte “Aphid host list” für UK – siehe weiterführende Literatur – als Bepflanzungsgrundlage für Blattläuse und ihre Gegenspieler verwenden. Alternativ können ganz klassisch die Wildbienenbeete nachgepflanzt werden, und sofern der Platz reicht, noch 1-2 heimische Laubbäume den Garten ergänzen. Aus den Wildbienenbeeten bzw. dem Pflanzenplaner heben sich folgende Pflanzen mit besonders vielen Lausarten hervor:
Unten saugen, oben sammeln – Pflanzen für Wildbienen und Blattläuse
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Gegenspieler der Blattläuse, Wanzen und Zikaden
Vielleicht sind die Gegenspieler der Wanzen, Zikaden und Blattläuse der faszinierendste Aspekt an ihnen. Die Pflanzensauger erbringen den Dienst, pflanzliches Material für andere Tiergruppen zu erschließen. Sie verwandeln pflanzliches Eiweiß in tierisches Eiweiß, welches für andere Tiergruppen besser verwendbar ist. Die Blattläuse sind zahlreich, sitzen auf der Wirtspflanze fest, sind klein und als Larve weichhäutig. Das macht sie zur guten Beute für alle Tiergruppen, die regelmäßig oder gelegentlich Gliederfüßler verzehren. Zu den Gegenspielern gehören: Kleinsäuger wie z.B. Igel, dazu Vögel, Reptilien, Amphibien, Käfer, Zweiflügler, Netzflügelartige, Wespen, Ameisen, Spinnen, Ohrwürmer, Libellen und Heuschrecken. Einmal durch den Magen einer anderen Tierart gewandert werden die Blattläuse zu der tierischen Vielfalt, die wir im Naturgarten gerne sehen wollen.
Wer sie frisst
Darf ich die bekämpfen?
Ja, und gleichzeitig: Naturgärten sind in der Regel keine wirtschaftlichen Betriebe, die einen bestimmten Ertrag erbringen müssen. Das macht es viel leichter, gelassen mit Läusen umzugehen. Daher gelten die ganz normalen Regeln des Naturgartens:
- viel beobachten, maßvoll eingreifen,
- sich die Frage stellen, ob hier gerade die Vielfalt des Gartens erhöht wird,
- oder ob eine Pflanze zu verschwinden droht, so dass die Vielfalt des Gartens verringert wird,
- oder ob eine wichtige Gartenstruktur langfristig Schaden nimmt – am ehesten ist dies der Fall, wenn der Austrieb der tragenden Äste von Jungbäumen befallen wird und sich infolge dessen dauerhaft verkrümmen könnte.
- Im Normalfall muss der Mensch nicht zum biologischen Gleichgewicht beitragen, indem er Läuse bekämpft, das tun im Naturgarten die Tiere untereinander.
- Natürlich darf man als Gartenbesitzer auch die eigenen Bedürfnisse nach vielen schmackhaften Äpfeln oder einem lausfreien Blumenstrauß an oberste Stelle stellen – nur eben nicht gedankenlos, sondern als bewusste Ausnahme, die es wert ist, mit einer Verringerung der Insektenmasse des Gartens bezahlt zu werden.
Weiterführende Literatur bzw. Quellen
Die englischsprachige Seite influentialpoints.com ist die einzige umfassende Seite über Blattläuse. Hier ein Tipp für Naturgärtnernde: Scrolle in der Aphid-identification links ganz nach unten und öffne die “Aphid host list”. Scrolle nun zum lateinischen Namen einer Gartenpflanze – z.B. “Aegopodium podagraria” für Giersch. Klicke nun UK an. Du bekommst für Giersch nun eine Liste von 14 in England (und somit wahrscheinlich auch in Deutschland) vorkommenden Läusearten, die nachweislich Giersch nutzen. Fast alle Arten sind blau hinterlegt: Du kannst Dich durch die Artnamen klicken und erhältst englischsprachige Artportraits mit hochaufgelösten Fotos. Mit etwas Glück kannst Du Dich so an die Art annähern, die Du am Giersch in Deinem Garten beobachtet hast.
Auch die niederländische Seite www.bladmineerders.nl zeigt sehr fundiert und präzise auf, welche Blattläuse an welcher Wirtspflanze auftreten können – nicht nur für England, sondern auch für Europas Festland. Kleiner Nachteil: Man muss die Blattläuse anhand ihrer wissenschaftlichen Namen aus Dutzenden bis Hunderten Nutznießern der Wirtspflanze herausfiltern…
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