Grashüpfer und andere Wiesenbewohner fördern – Schwerpunkt Schnitt und Mahd

Mähen – ohne verschwinden Arten, mit sterben Individuen. Anders als bei den Wildbienen besteht die Kunst der Förderung also nicht in in der Pflanzenwahl, sondern in der Gartenpflege.

Ein Garten, in den verschiedene Schrecken sich wohlfühlen, könnte diese Elemente enthalten:

  • Wiesen mit Grashalmen, die hoch genug gewachsen sind und weit genug auseinander stehen, so dass die Tiere von Halm zu Halm hüpfen können. Das wäre im Idealfall eine Magerwiese, die erst nach September einmal gemäht wird. Nährstoffreiche Standorte benötigen eine Mosaikmahd. Die Wiese sollte Süßgräser wie z.B. Rotschwingel oder Zittergras enthalten.
  • Offene Bodenstellen, die nicht bearbeitet werden. Ohne Gießen bilden sie sich von selbst im sommerlichen Rasen. Zusätzlich können lückige Blumenbeete auf Schotter, Kies oder Sand angelegt werden. Diese müssen großflächiger sein als ein Sandhaufen.
  • Trockenere und feuchtere Gartenecken, zum Beispiel eine feuchte Senke oder ein Sumpfbeet.
  • In warmen Gegenden sind auch fast bewuchsfreie Flächen wie Ödland, Sand, Wege und Schotter für manche Arten überlebenswichtig.
  • Gehölze – vom Zwergginster über die Rose und Beerenobst bis zum Baum. Denn manche Langfühlerschrecken leben bevorzugt auf Gehölzen und legen ihre Eier in Zweige.

Der Rückschnitt von Gehölzen und Stauden: Wer auch im nächsten Jahr Langfühlerschrecken sehen möchte, muss frühzeitig entscheiden, was bis Juni des Folgejahres stehen bleiben darf. Zwischen Juni und Oktober legen viele Langfühlerschrecken ihre Eier in abgestorbene Gräser, Wildblumenstängel und Zweige. Der Herbst- und Frühjahrsputz kann zur tödlichen Falle werden. Wer also im Herbst, Winter oder im zeitigen Frühjahr Stauden und Gehölze schneidet und kompostiert, vernichtet vielleicht sämtliche “Kinder” dieser Arten.

Also einfach alles stehenlassen? Das würde auf Dauer zu Pflanzenfilz am Boden führen – keine offenen Bodenstellen, wenig Licht und Wärme, wenig frisches Grasfutter mehr, Beschattung durch Gehölze – und dann würden die Kurzfühlerschrecken aus dem Garten verschwinden.

Der Mittelweg könnte so aussehen: Das Schnittgut weder kompostieren noch wegwerfen, sondern luftig und licht senkrecht in einer unauffälligen Gartenecke hinstellen bis Juni des Folgejahres. Durchlüftung und wärmende Lichtstrahlen sorgen dafür, dass die Brut im Pflanzeninnern nicht schimmelt. Exotische Zierstauden dürften nur selten Eier enthalten. In erster Linie wird der schonende Rückschnitt für diejenigen naturnahen Strukturen benötigt, an denen man im Sommer die Heuschrecken antrifft. Wo weder Filz noch Schatten drohen, sollten einige alte Stängel und Zweige bis Sommer des Folgejahres stehenbleiben. Der Fachbegriff lautet Altgrasstreifen. Für Heuschrecken wären das – falls möglich – zum Beispiel 10% der Fläche.

Gartenpflege für Grashüpfer – die Bilder

Am meisten Heuschrecken lassen sich im Garten im Lebensraum Wiese beobachten. Um unterschiedlichen Ansprüchen gerecht zu werden, wird ein Mosaik angestrebt:

  • Bereiche über 30 cm Höhe – gerne feucht
  • Bereiche unter 30 cm Höhe – gerne trocken
  • möglichst viele Meter Übergang zwischen unterschiedlichen Wuchshöhen
  • ganz vertrockenete Bereiche
  • feuchte bis nasse Bereiche
  • Bereiche mit offenen Bodenstellen
  • ein warmes, sonniges, trockenes Kleinklima in großen Teilen der Wiese
  • alte, vertrocknete Stängel
  • frisches, weiches Gras- und Kräuterfutter.

Durch Mähen oder Stehenlassen wird diese Vielfalt an Höhe, Alter und Mikroklima der Wiese erreicht.

Die Mahd ist für Magerwiesen denkbar einfach: einmal jährlich im Oktober oder November mähen. Ein paar Inseln oder Streifen Altgras bis Sommer des Folgejahres stehenlassen. Das Mahdgut entfernen.

Natürlich kann man gerne Wege in die Wiese mähen. Als Mähgerät sollte man möglichst keinen Scheibenmäher verwenden, da dieser am meisten Insekten verletzt.

Die Mahd im nährstoffreichen Garten ist hingegen eine Kunst, da während der Lebenszeit der Heuschrecken gemäht werden muss. Am besten folgst Du dem Vorbild der Weidetiere, sie haben den Lebensraum der Grashüpfer über Jahrtausende geprägt. Alois Kapfer hat dafür den Begriff “Mosaikweidemahd” geprägt. Wer stattdessen die ganze Fläche mähen möchte, muss zwischen April und Oktober immer einen Streifen von ca. 10% der Fläche ungemäht lassen.

Versuche, bei der Mosaikweidemahd eine Kuh nachzuahmen: Wie würdest Du als Kuh im Garten grasen? Tagsüber oder nachts? Alles auf einmal, oder nur eine Portion? Einmal im Monat? Oder jeden Tag? Würdest Du alles essen, oder auf manche Kräuter keine Lust haben? Hättest Du Trampfelpfade und Liegeflächen? Würdest Du beim Grasen geradeaus marschieren wie ein Soldat? Mit wie vielen Stundenkilometern würdest Du grasen?

Davon abgeleitet wäre das Mähen normaler und nährstoffreicher Wiesen (mit etwas Humor zu lesen) in etwa so:

  • Nicht glatt kahl fressen, sondern immer mal ein paar Pflanzen beim Mähen vergessen.
  • Bei Tage mähen, und dann bei möglichst großer Hitze, damit die Heuschrecken schön mobil sind (Besonders wichtig April-Juni, weil die Jungtiere nur wenige Zentimeter weit flüchten).
  • Niemals geradeaus marschieren, keine Bahnen ziehen. Gemächlich, quadratmeterweise, eher mal nach rechts und links schwenken.
  • Erst aufschrecken, dann abschneiden. Das geht selbst mit dem Handrasenmäher, indem man beim Mähen rückwärts läuft.
  • Kinder dürfen die Wiese betreten und bespielen: es darf Trampelpfade und plattgedrückte Stellen geben.
  • Mähbeginn der kleinen Stückchen, wenn die ersten grünen Halme sprießen, ungefähr im März. 
  • Besonders harte, alte oder kratzige Stängel sowie das eine oder andere Gebüsch gar nicht fressen bzw. schneiden.

Tipps aus dem Naturschutz:

  • auf eine Struktur zu mähen, die stehen bleibt, also z.B. von der Mitte zum Rand, damit nicht am Ende alle Heuschrecken sich an den letzten noch zu mähenden Grasbüschel klammern.
  • Möglichst kein Scheibenmäher, sondern ein Balkenmäher. Oder ein Freischneider. Am allerbesten: ein einziger glatter Schnitt. Das geht mit der Handsense. (Im Guntersblumer Beispielgarten auch mit der Akku-Heckenschere: hinhocken und 10cm über dem Boden waagerecht durch die Altgrasbestände fahren, nach ca. 5 Minuten fertig.) Gemähtes von der Fläche runterholen.
  • nicht tiefer als 10 cm schneiden, mit dem normalen Rasenmäher zumindest die höchste Stufe von z.B. 7 cm wählen.
  • weder düngen noch spritzen.
  • Das Schnittgut 1-3 Tage, mindestens jedoch einige Stunden auf der Wiese liegen lassen, damit die überlebenden Heuschrecken das Mahdgut verlassen und nicht abtransportiert werden.

Weiterführende Literatur bzw. Quellen

Unbedingt empfehlenswert ist die Schweizer Seite www.orthoptera.ch – dort gibt es ein umfangreiches Heuschrecken-Wiki zu den Arten. Mit Audiodateien.

Die ausführlichste Anleitung zur Förderung der Heuschrecken im Naturschutz befindet sich auf der Seite www.biodivers.ch auf der Plattform Naturförderung und dort in der Artengruppe Heuschrecken.

Sehr schön und mit mehr Angaben zur Ernährung sind auch die Artenportraits auf www.deutschlands-natur.de – mit Verbreitungskarten.

Zum Thema Wiese und Mahd ist ein Heft des Naturgarten e.V. erschienen: Wiesen. Ihre Natur, Pflege, Tiere und Säume.

Zum Thema Beweidung und Biodiversität ist die Initiative “naturnahe Weidelandschaften” von Alois Kapfer und Herbert Nickel zu nennen.

Es gibt außerdem eine Reihe von Bestimmungsbüchern für Heuschrecken, zum Beispiel von Heiko Bellmann.

Schöne kurze Einführungen in das Thema Heuschrecken finden sich auch auf der Homepage des NABU.

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