Schwebfliegen und Verwandte – sie sind in jedem blütenreichen Garten zu Gast – und werden doch immer weniger: 463 Arten werden vom Rote-Liste-Zentrum für Deutschland genannt. Die Hälfte gilt noch als ungefährdet, in etwa ein Drittel als gefährdet, über die restlichen 20% weiß man zu wenig. Es handelt sich um schöne, harmlose Wesen. Die Meisten sind auch noch nützlich als Bestäuber oder Blattlausvertilger. Sie gehören zu den Diptera, den Zweiflüglern, einer gigantischen Insektengruppe. Kaum jemand kennt alle Diptera in Deutschland, es können auch noch unentdeckte umherfliegen, und die Lebensweise ist oft noch kaum erforscht.
Schwebfliegen und andere Fliegen brauchen nur selten bestimmte Pflanzen. Fliegen brauchen vielmehr alle ein Mosaik aus kleinen Strukturen – je nach Art kann das von morschem Totholz über Blattläuse bis hin zu Wildbienen als unfreiwilligen Wirten reichen. Mit einem abwechslungsreichen Naturgarten und etwas Unordnung lassen sich Dutzende, wenn nicht Hunderte Fliegenarten im Garten beobachten.
Meister des Mimikry, Hyperparasiten und Hubschrauber
Tippe auf das Bild, um den Text zu lesen
Huhu, ich bin die süßeste aller Fliegen...
Guntersblum, Garten, 18.7.2020
...aber damit das niemand bemerkt, habe ich mir einen Totenkopf auf den Rücken tätowieren lassen. Jetzt sehe ich wie eine gefährliche Wespe aus. Das nennt man Mimikry, und die Menschen haben mich danach benannt: Totenkopf-Schwebfliege.
Myathropa florea, Guntersblum, Garten, 29.7.23
Totenkopf? Ein schwarzgelbes Gesicht auf dem Rücken sieht doch noch gruseliger aus.
Helophilus cf trivittatus, Guntersblum, Garten, 7.8.20
Ertappt. Eigentlich wollte ich ja in die Hummel-Galerie, aber da bin ich wohl durchschaut worden. Habt Ihr es an den kurzen Fühlern bemerkt? Oder habt Ihr meine Flügel gezählt?
Narzissen-Schwebfliege, Guntersblum, Garten, 19.5.23
Auch ein hübscher Vorschlag, wie eine Hummel aussehen könnte. Aber wieder die Schwebfliege, die Narzissen-Knollen anknabbert. Jetzt wissen wir, wozu wir Osterglocken in den Garten pflanzen 😉
Guntersblum, Garten, 23.5.21
Das Verwirrspiel geht weiter: auch keine Hummel. Auch wieder eine Narzissen-Schwebfliege.
Guntersblum, Garten, 21.5.22
Der Hummel-Look ist zeitlos und angesagt im Reich der Zweiflügler. Hier flattert eine Langhorn-Waffenfliege am Teich herum - denn darin legt sie ihre Eier.
Stratiomys longicornis, Guntersblum, Garten, 11.6.23
Das ist auch keine Hummel. Sand sammeln, damit die Eier tarnen, die Larven den Weg zum Wildbienen-Nest finden lassen - die Wollschweber sind Parasitoide.
Bombylius major, Guntersblum, Garten, 1.4.20
Ähnlich wie ein Kolibri oder wie ein Hubschrauber können Wollschweber auf der Stelle in der Luft verweilen. Dies nützt beim Nektar-Trinken aus der Luft oder beim Bewachen des Reviers.
Bombylians major, Guntersblum, Garten, 12.4.22
Eine Mistbiene, die keine Biene ist, sondern eine Schwebfliege. Eristalis tenax, Guntersblum, Garten, 10.06.2024
Jedes Insekt dient als Nahrung für eine oder mehrere andere Insektenarten. Diese Raupenfliegen entwickelt sich in der grauen Gartenwanze.
Cylindromia bicolor, Aulheimer Tal, 27.8.22
...und dieser Trauerschweber entwickelt sich in den Raupenfliegen. Der Mörder der Mörder. Ein Hyperparasit. Oder ein fragiler Turm des Lebens, ganz Ansichtssache.
Hemipenthes morio, Guntersblum, Garten, 24.5.21
Wie ein Alien in Miniatur posiert diese Schwingfliege. Es gibt immer wieder etwas Neues zu entdecken, wenn man das Auge für die Zweiflügler schärft.
Sepsis cf punctum, Guntersblum, Garten, 17.8.23
Eine beeindruckende Spannweite - der Beine. Irgendwie wie ein Orang-Utan mit Flügeln. Ausser den Fliegen und den (Stech)Mücken sind die Zweiflügler recht unbekannt. Hier zu sehen ist eine Schnake.
Guntersblum, Garten, 25.9.23
Hat der Mensch den Kuss erfunden? Die Balz der Gescheckten Breitmund-Fliege jedenfalls beinhaltet eine Art Zungenkuss, bei dem das Weibchen den Rüssel zum Männchen hochbiegt. Guntersblum, Garten, 10.5.2024
Händchenhalten - das tun auch einige Insekten. Manchmal zumindest. Wie diese Stift-Schwebfliegen hier, die zu den häufigsten Gartenbesuchern gehören.
Sphaerophoria scripta, Appenheim, 10.23
Wusstest Du schon, dass…?
- auch die Mücken Zweiflügler sind, und es in dieser großen Gruppe nur einen kleinen Anteil Stechmücken gibt?
- es im Reich der Zweiflügler viele weitere Gruppen wie Schnaken und Gallmücken gibt?
- sich Schwebfliegen und Co bis spät in den Herbst beobachten lassen?
- Zweiflügler die vollständige Metamorphose Ei – Larve – Puppe – Imago durchlaufen wie ein Schmetterling?
- es viele Arten gibt, die schlammiges Wasser für ihre Entwicklung benötigen?
- Zweiflügler vom Menschen genutzt werden, beispielsweise in der ökologischen Landwirtschaft?
- Dass mehrere Schwebfliegenarten wie Zugvögel jährlich die Alpen überqueren?
- dass am Randecker Maar Bestandsrückgänge bei blattlausjagenden Schwebfliegen von bis zu 97% in 50 Jahren gemessen wurden?