Nisthilfe aus Sand nach dem Vorbild der Magerrasen- und Blühfläche des Oldenburger Theodor-Tantzen-Platzes

Auf dieser Seite geht es um Sandflächen als Nistmöglichkeiten für Wildbienen und Grabwespen. Das Vorbild: Am Oldenburger Theodor-Tantzen-Platz wurde von dem Biologen und Stechimmenspezialisten Rolf Witt (Umwelt- & Medienbüro Witt | www.umbw.de) mit dem Arbeitskreis für Artenschutz & Biodiversität  eine regionaltypische Blühfläche auf nährstoffarmen Sand angelegt. Das Projekt wurde wissenschaftlich begleitet und evaluiert. Nach 2 Jahren nisteten dort mindestens 19 Wildbienen- und Wespenarten. Auf dieser Seite erfahren Sie, wie genau diese Fläche errichtet wurde. Sie erhalten Anleitung zum Nachbau. Das Besondere ist, dass dieses Konzept nicht nur auf Theorie beruht, sondern seine Funktionsfähigkeit schon unter Beweis gestellt hat. Einen herzlichen Dank an dieser Stelle an Rolf Witt für die Bilder und alle Informationen zum Projekt.

Schritt für Schritt zum erfolgreichen Sandbeet

  1. Wähle einen vollsonnigen Standort weit entfernt von Bäumen. Zum Standort gehört auch die Region: In Gegenden mit sandigen Böden in der Natur ist das Projekt erfolgversprechender als in z.B. steinig-lehmigen Mittelgebirgslagen.
  2. Entferne den Bewuchs und ggf. auch die dunkel gefärbte Bodenschicht darunter (das ist der nährstoffreiche Oberboden). Schäle beispielsweise den Rasen ab und achte darauf, dass keinerlei Wurzelreste zurückbleiben. Die Fläche sollte mehrere Quadratmeter bis mehrere hundert Quadratmeter groß sein. Die Originalmaße liegen bei ca. 120 Quadratmetern.
  3. Wenn der Unterboden selbst Sand enthält, reicht es 30 cm ungewaschenen, noch nicht korngrößensortierten und möglichst unkrautfreien Sand aufzuschütten. Die Insekten können unter dem Sand weiter in den Boden hineingraben. Wenn der Unterboden keinen Sand enthält, sollten Sie mindestens 50-60cm auf der gesamten Fläche aufschütten, denn manche Insekten graben so tief.
  4. Kaufe ungewaschenen Sand. Er ist meistens gelb und stabiler als der Sand vom Spielplatz und enthält staubfeine Sandteilchen. Zu grobe Stücke wie z.B. Steinchen sollte er möglichst nicht enthalten. Häufig wird dieser Sand unter der Bezeichnung Füllsand verkauft. Frage im Baustoffhandel oder in der nächsten Sandgrube gezielt und nachdrücklich nach, ob das Produkt auch wirklich ungewaschen ist. Viele Händler bieten auch an, den Sand mit dem LKW anzuliefern. Die Anzahl der benötigten Tonnen lässt sich aus den benötigten Kubikmetern herleiten. Für eine 50 cm hohe Sandschicht benötigt man einen halben Kubikmeter pro Quadratmeter. Für eine ca. 30 cm hohe Sandschicht benötigt man ca. 1/3 Kubikmeter Sand pro Quadratmeter. Oft ist der ungewaschene Sand der preiswerteste Sand im Sortiment.
  5. Bringe den Sand auf die Fläche auf. Modelliere Höhen und Tiefen in den Sand. Trete den Sand möglichst nach jeder Schubkarre oder Baggerschaufel fest. Achte besonders darauf,  Abbruchkanten von mindestens 10cm Höhe zu modellieren. Modelliere dazu einen Höhenunterschied, der gerne auch 30 cm hoch sein darf mit südlicher Ausrichtung.
  6. Das Vorbild wurde auf mehreren Quadratmetern mit je 1g Regio-Saatgut für mageren Boden eingesät. Weitere Quadratmeter wurden mit handgesammeltem Saatgut von Magerstandorten der Region eingesät. Außerdem wurde ein Stück Magerrasen abgestochen und eingebaut. Für den privaten Bereich sollte auf das Ausgraben verzichtet werden. Privatpersonen können Saatgut an Wegrändern außerhalb von Naturschutzflächen sammeln, wenn sie den Namen der Pflanze kennen und keine geschützten Pflanzen ernten. Ansonsten verwende bitte Saatgut für Magerstandorte, möglichst Regio-Saatgut, siehe Linksammlung, oder siehe das Verzeichnis des VWW. Im Privatbereich können auch getopfte Stauden in den Sand gepflanzt werden. Hierfür geeignet wären z.B. die Pflanzen des Wildbienenbeetes „Sandarium“.  In Oldenburg wurde auf reinen Sand gesät ohne Beimischung von Pflanzerde oder Kompost.
  7. Säe in Monaten mit häufigen Regenschauern und milden Temperaturen: Säe das erste Mal möglichst im Herbst, idealerweise Anfang September und bei Bedarf ein zweites Mal Ende März bis Ende April. Hebe 1/3 des Saatguts auf, um nach ca. 6 Monaten bei Bedarf noch einmal zu säen. Mische das Saatgut für die Aussaat 1:20 mit trockenem Sand und säe kreuzweise. Säe oder pflanze nicht auf der ganzen Fläche, über die Hälfte des Sandes sollte ausgespart werden. Je kleiner die Sandfläche ist, umso höher sollte der unbepflanzte Anteil sein.
  8. Die meisten Pflanzenarten für Magerstandorte sind Lichtkeimer. Das heißt, sie dürfen nicht mit Erde zugedeckt und nicht untergearbeitet werden, sondern müssen festgetreten oder festgewalzt werden, damit sie einen guten Bodenkontakt bekommen.Treten, walzen oder klopfe daher das Saatgut etwas fest.
  9. Falls gewünscht, kannst Du Totholzelemente wie Baumstämme als Umrandung oder senkrechte Holzstelen hinzufügen.
  10. Pflege: Schaue in den Folgejahren alle paar Wochen nach dem Sandbeet, sammel ggf. Müll und Katzenkot ab und zupfe einzelne Problemunkräuter oder wucherndes Moos (siehe Keimlinge bestimmen) aus. Die Fläche wird nie gegossen und der Boden wird nicht bearbeitet. Sollte nur wenig keimen, ist dies für die Fläche selbst kein Nachteil – sie dient in erster Linie dem Nisten. Säe in diesem Fall noch einmal nach, oder lege ein kleines Beet mit getopften Stauden neben der Sandfläche an.
  11. Fertig!

Wie könnte der Erfolg aussehen?

Die Magerrasenfläche in Oldenburg wurde im Oktober 2018 angelegt. Bis 2020 wuchsen dort 30 Pflanzenarten. Darunter befanden sich die folgenden, für Wildbienen besonders wichtigen Blumen: Wiesen-Schafgarbe, Heidekraut, Wilde Möhre, Natternkopf, Kleines Habichtskraut, Ferkelkraut, Berg-Sandglöckchen, Hasenklee, Fingerkraut, Margerite und gelbe Resede. Von Ende Mai bis September gab es durchgehend Blüten. Besonders wichtig für die Insekten waren jedoch die offenen Sandbereiche ohne Pflanzen, denn im offenen Sand legten sie ihre Nester an.

Auf der Sandfläche wurden 38 Wildbienen- und Wespenarten beobachtet. Mindestens 19 Arten der Wildbienen und Wespen gruben nachweislich ihre Nester in die Sandfläche. 14 dieser 19 Arten waren typisch für Sandgebiete. Zu den nistenden Wildbienenarten gehörten Sandbienen, Schmalbienen, Wespenbienen und Blutbienen. Außerdem nisteten 6 Grabwespenarten in der Sandfläche.

Noch ohne Nest konnten auf der Fläche außerdem Scherenbienen, Löcherbienen, Seidenbienen, Maskenbienen, Mauerbienen, Furchenbienen und Hosenbienen sowie Hummeln beobachtet werden.

Am dichtesten war der Geländeteil mit der Abbruchkante und der ausgeprägten Modellierung besiedelt.

Wenn Sie mehr über das Vorbild erfahren möchten, geht es hier zum wissenschaftlichen Monitoring-Bericht auf der Homepage von Rolf Witt: Der Fachbericht Magerrasen am Theodor Tantzen Platz. Vom selben Autor stammt auch die Besstimmungshilfe „Bienen und Wespen in Nisthilfen“.

Hier geht’s weiter zum Sandarium als Hügel bauen nach Guntersblumer Vorbild.