Am Besten gelingt die Pflege des Gartens für Wildbienen, wenn das Ziel klar vor Augen steht. Was will ich erreichen? Ziel Nummer 1 im Wildbienengarten: Vielfalt der Pflanzen und der Strukturen. Ziel Nummer 2: Zielarten fördern – den besonders geliebten oder besonders seltenen Pflanzen und Tieren soll es gut gehen.

Zum Erhalt der Pflanzenvielfalt ist hin und wieder Jäten notwendig. Im ersten Jahr öfter. Wenn man im ersten Jahr keinen Fehler macht, reichen in den Folgejahren 2-4 Termine pro Jahr. Mindestens einer der Termine sollte in der Hauptsaison Mitte April bis Mitte Mai liegen.

Teil 1: Jäten

Hier die ganz kurze Faustformel: 1. Bäumchen 2. Gräser 3. „ich bedräng dich mal Pflanzen“ müssen raus. Der Rest kann bleiben.

Jäten mit dem Unkrautstecher plus Sehtraining

Die Regeln für’s Jäten

  • Direkt nach starkem Regen oder im feuchten Winter jäten, oder das Beet mit der Gießkanne oder dem Schlauch 20 cm tief durchnässen. Sonst gehen die Wurzeln nicht raus. Bei Wurzelunkräutern wäre das fatal. Nur auf lockeren Sandböden kommt man evtl. ohne Feuchtigkeit aus. 
  • Alle Gehölz-Jungpflanzen, also alle von selbst gekeimten Bäumchen und Büsche müssen samt Wurzel raus. Sie können sehr klein sein. Man erkennt sie am biegsam-zähen steil nach oben wachsenden Mitteltrieb. Tipp: Fasse einen kleinen jungen Zweig an: So fühlt sich auch das keimende Gehölz an. Fotos gibt’s unter „Jungpflanzen Fotos“.  Sonst ist von dem Blumenbeet bald nichts mehr übrig. Bereits nach mehreren Monaten können die Bäumchen stark genug sein, dass man sie nie wieder rausbekommt. Am leichtesten entdeckt man sie im Frühling und Spätherbst, wenn die Blattmasse auf den Beeten nicht so groß ist. Falls Sie das Bäumchen behalten möchten, sollten Sie es in einen Topf pflanzen, bis es seinen endgültigen Platz im Garten erhält.
  • Alle Gräser im Blumenbeet müssen raus, außer die paar Gräser, die man gepflanzt hat und mit einer Markierung versehen hat. Gräser sind fast immer stärker als Blumen und würden das Beet zuwuchern. In der Wiese hingegen dürfen sie natürlich bleiben!
  • Alle blättrigen Pflanzen, die a) höher als die Blumen wachsen und b) nicht schön blühen, gehören wahrscheinlich zur Gruppe „ich bedräng dich mal“ und müssen in der Regel raus. Vor dem Jäten am Besten anhand der Jungpflanzen Fotos bestimmen oder eine Bestimmungs-App verwenden, siehe Linksammlung.
  • Auch Blumen können ihre Nachbarn gefährlich bedrängen. Sie decken die Nachbarn mit Blattmasse zu oder unterwandern sie mit Wurzeln, oder säen sich den Nachbarn mitten ins Herz. Dann müssen diese Blumen zurückgeschnitten, ausgegraben oder umgepflanzt werden. In leeren Zwischenräumen sind Jungpflanzen von Blumen eine Bereicherung fürs Beet und dürfen bleiben.
  • Stell Dir vor, Du suchst Ostereier oder den Ehering…ja, genau so gehst Du mit einem Unkrautstecher durch das Beet und hebst alle Triebe hoch und wendest alle Blätter um. Wer Zeit und Muße hat oder auf Nummer sicher gehen möchte, kann dabei auch kleine Kräuter jäten – bitte vorher anhand der Jungpflanzen Fotos bestimmen, damit Du nicht aus Versehen junge Blumen entfernst. Das Jäten von Gehölzen und Gräsern hat jedoch immer Vorrang.
  • Tipp: Klicke Dich durch die Bilder in der Rubrik Keimlinge bestimmen. In der Beschriftung der einzelnen Fotos wird meist recht genau beschrieben, wie harmlos oder aggressiv die kleinen Unkräuter sind.
  • 5. Ich empfehle die gejäteten Pflanzen in zwei Eimer zu werfen: in einen Eimer für Samen und Wurzelausläufer, die am besten in der Biotonne landen, und den Rest in den anderen Eimer für den Komposthaufen.

Teil 2: Sonstige Beetpflege – Lücken auffüllen

Im Frühjahr können Stauden geteilt werden, was sich prima eignet um Lücken zu schließen. Die pfirsichblättrige Glockenblume und die rundblättrige Glockenblume können leicht geteilt werden. Von selbst gekeimte Jungpflanzen können ausgegraben und in Lücken versetzt werden.

Finger weg von diesen Pflegeaktionen

Die Folgenden Maßnahmen sind ungünstig für Wildbienen:

  • Herbizide und Insektizide spritzen
  • Düngen
  • Umgraben
  • Hacken (stattdessen Unkrautstecher verwenden)
  • Totalrückschnitt während der Blüte (immer ein paar Blumeninseln stehen lassen)
  • Mähroboter
  • Mulchen
  • Vlies oder Folie einbauen
  • den Boden ständig feucht halten.

Weiterentwicklung der Beete

Die Samen der Zielarten (s.o.) sollen im Beet bleiben, z.B. indem man die Samenstände über dem Beet verstreut.

Es ist normal, dass nicht jede Pflanze 100 Jahre alt wird. Die entstehenden Lücken lassen sich mit neuen spannenden Pflanzen bestücken. Am Besten plant man gleich von Anfang an ein kleines Budget für jährliche Weiterentwicklungen ein und stöbert dann an dunklen Wintertagen in schönen Katalogen für eine Pflanzung im zeitigen Frühjahr.

Im ersten Durchgang kommen meistens die Zwiebelblumen zu kurz. Überlege im August und September, ob Du fürs kommende Jahr Zwiebelblumen bestellen möchtest, um die Frühjahrsblüte zu verbessern.

Teil 3: Mähen – die Pflege von Wiesen und Säumen

Mähen – ohne verschwinden Arten, mit sterben Individuen. Denn ohne Mähen wird die Wiese immer reicher an Gehölzen und immer schattiger, bis schließlich die sonnenliebenden Tier- und Pflanzenarten auf der Fläche aussterben. Andererseits tötet der Mahdvorgang 10-100% der dort lebenden Insektenindividuen – je nach Schnittgerät unterschiedlich viele.

Um diesem Dilemma zu entgehen, wird hier die Mosaikmahd nach dem Vorbild halboffener Weidelandschaften vorgestellt.

Durch Mähen oder Stehenlassen wird eine Vielfalt an Höhe, Alter und Mikroklima der Wiese erreicht.

Die Mahd ist für Magerwiesen denkbar einfach: einmal jährlich im Oktober oder November mähen. Ein paar Inseln oder Streifen Altgras bis Sommer des Folgejahres stehenlassen. Das Mahdgut entfernen.

Die Magerkeit des Bodens macht für die Pflege einen riesigen Unterschied – je magerer, umso weniger Arbeit. Wenn Du die Möglichkeit hast, magere Deine Fläche ab. Damit ist nicht gemeint, ein paar Säckchen Sand oberflächlich einzurechen oder ein paar Jahre Kartoffeln zu pflanzen. So mager, dass Du einen Unterschied spürst, wird es, wenn Du den ganzen dunkelbraunen Oberboden abschiebst – zum Beispiel zu Haufen in Deinem Garten. Das geht aber nur mit einer dünnen Schicht Oberboden. In Guntersblum müsste ich ca. 7 Meter tief graben, um auf Sand und Kiesel zu stoßen. Oder, nachdem Du akribisch jedes Stückchen Wurzel abgesammelt hast, trägst Du mindestens 30cm Schotter, Sand oder sonstige magere und unkrautfreie Gemische mit Korngröße 0-32 auf Deine Fläche auf.

Natürlich kann man gerne Wege in die Wiese mähen. Als Mähgerät sollte man möglichst keinen Scheibenmäher verwenden, da dieser am meisten Insekten verletzt.

Die Mahd im nährstoffreichen Garten ist hingegen eine Kunst, da während der Lebenszeit der Wiesenbewohner gemäht werden muss. Am besten folgt man dem Vorbild der Weidetiere, sie haben den Lebensraum der Wiesenbewohner über Jahrtausende geprägt. Alois Kapfer hat dafür den Begriff „Mosaikweidemahd“ geprägt. Wer stattdessen die ganze Fläche mähen möchte, muss zwischen April und Oktober immer einen Streifen von ca. 10% der Fläche ungemäht lassen.

Wie würden Sie als Kuh in Ihrem Garten grasen? Tagsüber oder nachts? Alles auf einmal, oder nur eine Portion? Einmal im Monat? Oder jeden Tag? Würden Sie alles essen, oder auf manche Kräuter keine Lust haben? Hätten Sie Trampfelpfade und Liegeflächen? Würden sie beim Grasen geradeaus marschieren wie ein Soldat? Mit wie vielen Stundenkilometern würden Sie grasen?

Davon abgeleitet wäre das Mähen normaler und nährstoffreicher Wiesen (mit etwas Humor zu lesen) in etwa so:

Zwischen März und Oktober gibt es ca. 24 Wochen, in denen das Gras 2-3x nachwächst. Die Kuh darf also 2-3x alles abfressen. Damit sie nie verhungert, grast sie pro Woche ein Zwölftel bis ein Achtel der Wiese ab (3×8 = 24 oder 2×12= 24 Wochen Graswachstumsperiode), beginnend im März und endend im Oktober. Für 100 Quadratmeter Wiese wären das: alle ein bis zwei Wochen mähen oder sensen, immer mal an einer anderen Stelle, und zwar nur 8-12 Quadratmeter ( ein Zwölftel bis ein Achtel der Fläche) und das Mahdgut von der Fläche entfernen. Das wäre dann eine Mosaikmahd – der Traum vieler Naturschützer, nur leider im öffentlichen Grün kaum umsetzbar.

Nahrhafte Wiesen kurzgefasst: lieber oft mähen, aber dafür nur kleine Stücke, und gerne auch mal die hohe Wiese mähen, bevor die Stängel alt und ungenießbar und der Boden feuchtschattig werden. Auch hier einen ganzen Streifen Wiese bis Juni des Folgejahres gar nicht mähen.

Weitere Tipps nach dem Vorbild der Weidetiere:

  • Nicht glatt kahl fressen, sondern immer mal ein paar Pflanzen beim Mähen vergessen.
  • Bei Tage mähen, und dann bei möglichst großer Hitze, damit die Insekten schön mobil sind.
  • Niemals geradeaus marschieren, keine Bahnen ziehen. Gemächlich, quadratmeterweise, eher mal nach rechts und links schwenken.
  • Erst aufschrecken, dann abschneiden. Das geht selbst mit dem Handrasenmäher, indem man beim Mähen rückwärts läuft.
  • Kinder dürfen die Wiese betreten und bespielen: es darf Trampelpfade und plattgedrückte Stellen geben.
  • Mähbeginn der kleinen Stückchen, wenn die ersten grünen Halme sprießen, ungefähr im März. 
  • Besonders harte, alte oder kratzige Stängel sowie das eine oder andere Gebüsch gar nicht fressen bzw. schneiden.

Tipps aus dem Naturschutz:

  • auf eine Struktur zu mähen, die stehen bleibt, also z.B. von der Mitte zum Rand, damit nicht am Ende alle Wiesenbewohner sich an den letzten noch zu mähenden Grasbüschel klammern.
  • Möglichst kein Scheibenmäher, sondern ein Balkenmäher. Oder ein Freischneider. Am allerbesten: ein einziger glatter Schnitt. Das geht mit der Handsense. (Im Guntersblumer Beispielgarten auch mit der Akku-Heckenschere: hinhocken und 10cm über dem Boden waagerecht durch die Altgrasbestände fahren, nach ca. 5 Minuten fertig.) Gemähtes von der Fläche runterholen.
  • nicht tiefer als 10 cm schneiden, mit dem normalen Rasenmäher zumindest die höchste Stufe von z.B. 7 cm wählen.
  • weder düngen noch spritzen.
  • Das Schnittgut 1-3 Tage, mindestens jedoch einige Stunden auf der Wiese liegen lassen, damit die überlebenden Wiesenbewohner das Mahdgut verlassen und nicht abtransportiert werden.

Teil 4: Der Rückschnitt

Stehenlassen gilt als eine Grundregel im Naturgarten. Allerdings kann Stehenlassen zu Schatten und Feuchtigkeit und Nährstoffanreicherung führen und somit den Lebenraum verschlechtern.

Als Ausweg aus dem Dilemma werden hier Ideen zur Aufbewahrung des Rückschnitts vorgestellt.

Der Rückschnitt von Gehölzen und Stauden: Wer auch im nächsten Jahr z.B. Langfühlerschrecken sehen möchte, muss frühzeitig entscheiden, was bis Juni des Folgejahres stehen bleiben darf. Zwischen Juni und Oktober legen viele Langfühlerschrecken ihre Eier in abgestorbene Gräser, Wildblumenstängel und Zweige. Der Herbst- und Frühjahrsputz kann zur tödlichen Falle werden. Wer also im Herbst, Winter oder im zeitigen Frühjahr Stauden und Gehölze schneidet und kompostiert, vernichtet vielleicht sämtliche „Kinder“ dieser Arten.

Also einfach alles stehenlassen? Das würde auf Dauer zu Pflanzenfilz am Boden führen – keine offenen Bodenstellen, wenig Licht und Wärme, wenig frisches Grasfutter mehr, Beschattung durch Gehölze – und dann würden z.B. die Kurzfühlerschrecken aus dem Garten verschwinden.

Der Mittelweg könnte so aussehen: Das Schnittgut weder kompostieren noch wegwerfen, sondern luftig und licht senkrecht in einer unauffälligen Gartenecke hinstellen bis Juni des Folgejahres. Durchlüftung und wärmende Lichtstrahlen sorgen dafür, dass die Brut der Insekten im Pflanzeninnern nicht schimmelt. Exotische Zierstauden dürften nur selten Eier enthalten. In erster Linie wird der schonende Rückschnitt für diejenigen naturnahen Strukturen benötigt, an denen man im Sommer z.B. die Heuschrecken antrifft. Wo weder Filz noch Schatten drohen, sollten einige alte Stängel und Zweige bis Sommer des Folgejahres stehenbleiben. Der Fachbegriff lautet Altgrasstreifen. Diese umfassen auf größeren Flächen typischerweise 10% Flächenanteil.

Weide, Mahd und Schnitt in Bildern

Weiterführende Literatur:

Zum Thema Wiese und Mahd ist aktuell ein Heft des Naturgarten e.V. erschienen: Wiesen. Ihre Natur, Pflege, Tiere und Säume.

Zum Thema Beweidung und Biodiversität ist die Initiative „naturnahe Weidelandschaften“ von Alois Kapfer und Herbert Nickel zu nennen.

Ein umfassendes Nachschlagwerk zum Anlegen und Pflegen von Säumen und Wiesen bietet folgende Seite der Hochschule Anhalt: www.offenlandinfo.de

Gute Anleitungen finden sich auch auf der schweizer Seite biodivers.ch jeweils auf Biotoptypen oder Artgruppen bezogen.